Seit die Corona-Pandemie weltweit ihre Spuren hinterlässt, ist nichts mehr, wie es war. Viele Branchen sehen sich mit veränderten Herausforderungen konfrontiert. Vor allem die professionellen Gebäudereiniger stehen an vorderster Front im Kampf gegen das Virus.
Das bedeutet neben gewohnter Gründlichkeit und hoher Aufmerksamkeit vor allem große Verantwortung. Denn für die Kunden ist die Dienstleistung nicht mehr einfach nur obligatorische Selbstverständlichkeit. Zuverlässige Reinigung und Desinfektion sind sozusagen über Nacht essentiell für den Fortbestand des eigenen Geschäftsmodells geworden. Denn ganz abgesehen von Institutionen des Gesundheitswesens wie Krankenhäuser oder Arztpraxen sind auch Banken, Lebensmittelmärkte, Tankstellen, Unternehmen der Pharmaindustrie, Wasser- und Energieversorger, Rechenzentren, Transportunternehmen oder Medienanstalten in Krisenzeiten systemrelevant. Deren reibungsloser Betrieb ist von entscheidender Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft. Und ein hygienisch gepflegtes Umfeld bei der Arbeit, beim Einkauf oder der Nutzung von öffentlichen Einrichtungen trägt dem Kernbedürfnis aller Menschen nach Sicherheit Rechnung.
Für die Dienstleister bedeutet das mehr Aufwand und vor allem große Flexibilität. Die vom Bundesinnungsverband „Die Gebäudedienstleister“ veröffentlichte Handlungsempfehlung zur Reinigung und Hygiene während der Pandemie spricht sich „vor dem Hintergrund der in vielen Bereichen auf ein Minimum heruntergefahrenen Reinigungshäufigkeiten“ dafür aus, „die heute üblichen niedrigen Intervalle einer kritischen Prüfung zu unterziehen“. Und das ist in vielen Bereichen der Fall.
Gut geschultes Personal geschickt steuern
Jens-Olliver Bode, Geschäftsführer bei RGS Seipp Gebäudedienste in Dietzenbach sieht die gesamte Branche im Stresstest: „Während in einzelnen Bereichen die Umsätze wegbrachen oder die Aufgaben stark reduziert wurden, stehen wir in anderen Branchen vor ganz neuen Herausforderungen. Selbstverständlich kommt es in Coronazeiten darauf an, dass unsere Mitarbeiter unter erschwerten Bedingungen hervorragende Arbeit leisten. Aber kürzere Reinigungs- und Desinfizierungsintervalle haben auch den Druck für die Mitarbeiter erhöht. Als entscheidender Faktor dabei hat sich die Kunst der richtigen Personalsteuerung erwiesen.“
RGS Seipp verfügt über 40 Glas- und Sonderreiniger, vom Gesellen bis zum Meister. Im Zusammenhang mit Corona wurden diese in den letzten Monaten zusätzlich im Bereich Hygiene- und Desinfektion im Pandemiefall durch einen staatlichen Desinfektor geschult. Hier liefen die Schulungen unabhängig von der Branche, während der Einsatz immer in Absprache mit der zuständigen Fachkraft für Arbeitssicherheit beim Kunden erfolgte. „Die tägliche Abstimmung mit den Kunden war unabdingbar. Immer wieder musste in Absprache auf neue Situationen reagiert, die weitere Vorgehensweise besprochen und taggleich mit dem Personal vor Ort umgesetzt werden. Bei Banken, in Verwaltungs- und Produktionsbereichen sowie in Rechenzentren wurden teilweise rund um die Uhr im Vier-Stundentakt desinfiziert und gereinigt. Dazu musste gewährleistet sein, dass genügend Personal zur Verfügung steht. Einsatzzeiten der Reinigungskräfte wurden auseinandergezogen. Es wurden Schichtdienste geplant aber auch ad hoc reagiert. Auch für den Ausfall von Führungskräften wurden entsprechende Vertreter benannt und eingewiesen.“
Service-Hotline wie beim Winterdienst
Darüber hinaus hat RGS Seipp extra für die Pandemiezeit eine Service-Hotline eingerichtet, die eine Verfügbarkeit für Vertragskunden an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr sicherstellt. „Hier wird durch unsere Fachabteilung der Sonderreinigung eine Reaktionszeit von zwei Stunden innerhalb des Rhein-Main-Gebietes, wie wir es bisher ähnlich eigentlich nur während der Bereitschaft im Winterdienst kannten, zugesichert“, so Bode.
Versorgung mit Verbrauchsmaterialien und Desinfektionsmitteln sicherstellen
Aber das Coronavirus bringt nicht nur Personalstrukturen und gewohnte Arbeitsabläufe auf den Prüfstand. Auch die Beschaffung der Verbrauchsmaterialien war und ist ein großes Thema. Stefan Hammel, Geschäftsführer der Harema GmbH in Rodgau: „Die Herausforderung ist die Beschaffung selbst gewesen. Die Frage war zeitweise, wer überhaupt noch Desinfektionsmittel liefern kann. Um Engpässe zu vermeiden, durften auch andere Unternehmen nach WHO-Richtlinien Desinfektionsmittel produzieren.“ Das Problem hierbei: Designer-Desinfektionsspender mit speziellen Einsätzen ließen sich nicht mehr befüllen, da die Kartuschen nicht lieferbar waren. Als flexibler erwiesen sich Standardspender – wie zum Beispiel die Desi Standart von Harema – in deren Säule bis zu fünf 1.000 ml Euroflaschen diebstahlsicher Platz finden.
Für Reinigungsdienstleister war deshalb eine gute, über Jahre gewachsene Lieferantenbindung von Vorteil. Jens-Olliver Bode: „Der Verbrauch ist immens gestiegen. Professionelles Handeln und Zuverlässigkeit des Systemlieferanten Harema waren in dieser Phase, auch über die normalen Arbeitszeiten hinaus, für uns sehr wichtig.“ Eingesetzt werden sollen –laut RGS Seipp – Desinfektionsmittel, die mindestens als „begrenzt viruzid“ deklariert sind. Dabei gilt es, die vorgeschriebenen Einwirkzeiten einzuhalten und zur Flächendesinfektion ausschließlich Einwegtücher zu benutzen, die anschließend in dicht verschlossenen Plastiksäcken über den Restmüll zu entsorgen sind. Da müssen Logistik und Nachschub funktionieren.
Den persönlichen Schutz nicht aus dem Auge verlieren
Besonderes Augenmerk bei aktuellen Einsätzen gilt natürlich auch der persönlichen Schutzausrüstung aller Arbeitskräfte: Das reicht von der Schutzbrille und Schutzhandschuhen über den Mund-Nasenschutz bis hin zu kompletten Schutzanzügen. Hierzu sind in der Regel zusätzliche Unterweisungen, Hygiene- und Verhaltensschulungen erforderlich. Die Betriebsanweisung gemäß § 14 BioStoffV für Gebäudereinigungsarbeiten mit Infektionsgefahr liefert dazu die entsprechenden Hinweise.
Die Ausweitung des Leistungsumfangs, der Reinigungs- und Desinfektionsintervalle, der zu treffenden Arbeitsschutzmaßnahmen und die sichere Verfügbarkeit von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln stellen die Gebäudedienstleister vor neue Herausforderungen. Am Markt besteht, wer immer wieder schnell und variabel reagieren und sich an die jeweiligen Anforderungen anpassen kann. Und die können sich fast täglich ändern. Ständige Kommunikation und kontinuierlicher Austausch mit dem Kunden ist entscheidend. Grundvoraussetzung ist aber auch, dass die Lieferung von Verbrauchsmaterialien, von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln mit den gestiegenen Bedarfen Schritt hält und dass gut geschultes Personal flexibel einsetzbar ist.
Quelle: Reinigungsmarkt Ausgabe 02/21
Bildrechte: RGS Seipp